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Behandlungsmöglichkeiten bei neuroendokrinen Tumoren

Die Behandlung neuroendokriner Tumoren hängt vor allem von der Lokalisierung des Tumors ab, von einer möglichen Verbreitung auf andere Organe oder Körperteile und davon, ob er Hormone produziert, die Symptome auslösen. In einigen Fällen erfolgt eine Operation. Mit der Behandlung sollen die Symptome gelindert bzw. das Tumorwachstum kontrolliert werden. Neben medikamentösen Therapien kommen hierfür auch Chemotherapie und Bestrahlung infrage. Es gibt aber auch Krankheitsverläufe, bei denen keine Behandlung notwendig ist, sondern bei denen der*die Patient*in regelmäßig untersucht wird – das nennt sich ‘watch and wait’.

Ihr*e Ärzt*in und NET-Pflegeteam legen die am besten geeignete Therapie für Ihren speziellen Fall, Ihre Krankheitsmerkmale und Ihren Gesundheitszustand fest.

Die nachfolgende Tabelle enthält die verschiedenen, zur Verfügung stehenden Therapien bei neuroendokrinen Tumoren. Wenden Sie sich stets an Ihre*n Ärzt*in, um die für Sie geeignete Behandlungsmöglichkeit zu besprechen und festzulegen.

Operation

Eine Operation kann für Sie bei der Behandlung Ihrer Erkrankung eine wichtige Rolle spielen und stellt in der Regel die erste Wahl für die Behandlung dar, wenn der Tumor auf ein bestimmtes Areal begrenzt (lokalisiert) ist oder sich nur eingeschränkt auf ein bestimmtes Organ ausgebreitet hat. Manchmal ist es möglich, den Tumor ganz zu entfernen und es sind keine weiteren Behandlungen notwendig.

Selbst wenn der Tumor gestreut (metastasiert) haben sollte, kann eine Operation hilfreich sein, um einen Teil des Primärtumors oder der Metastasen zu entfernen. Hat der Tumor z. B. Metastasen auf der Leber entwickelt, dann können die betroffenen Teile des Organs entfernt werden. In seltenen Fällen kann dadurch eine Lebertransplantation notwendig werden.

Die Operation spielt bei neuroendokrinen Tumoren eine wichtige Rolle. Wird der Tumor vollständig entfernt, kommt es zu einer Heilung der Erkrankung. Aber auch wenn der Tumor bei der Operation nicht ganz entfernt werden kann, ist die Operation oft sinnvoll.

Bei Dünndarmtumoren z. B. dabei, Blockaden zu entfernen und die Darmdurchgängigkeit aufrechtzuerhalten.

Darüber hinaus kann die operative Tumorverkleinerung (Debulking) das Ansprechen auf eine nachfolgende Behandlung mit Medikamenten verbessern. Ein verkleinerter Tumor setzt weniger Hormone frei, was die Beschwerden bei einem funktionell aktiven Tumor verringert.

Vor jeder Operation wird natürlich Ihre körperliche Gesamtverfassung untersucht. Bei Patient*innen mit Karzinoid-Syndrom wird dabei besonderes Augenmerk auf das Herz gelegt, da gerade bei länger bestehender Erkrankung Veränderungen des Herzens auftreten können (sog. karzinoide Herzkrankheit).

Patientinnenzitat


„An der Charité in Berlin wurde mein Fall im interdisziplinären Tumorboard beraten und schließlich eine OP empfohlen. 50 cm Dünndarm, 16 Lymphknoten, der gesamte rechte Leberlappen, ein Teil des linken Leberlappens und die Gallenblase wurden in einer einzigen Operation entfernt. Fast ein Kilogramm  Lebergewebe wurde herausgenommen.






Zum Glück ist die OP gut verlaufen und jetzt, nach zwei Jahren, war bei der Kontrolle von den Tumoren nichts mehr zu sehen – außer zwei kleinen Befunden an anderen  Stellen, die zu klein sind, um operiert werden zu können, und die regelmäßig beobachtet werden (‚wait and watch‘).“
Frau H. B.*, 56 Jahre

Medikamentöse Therapie

Die Behandlung mit sogenannten Somatostatin-Analoga und Interferon alfa wird unter dem Oberbegriff Biotherapie zusammengefasst, weil sich diese Medikamente von den körpereigenen Stoffen Somatostatin bzw. Interferon ableiten.

Von Dr. med. Anja Rinke, Universitätsklinikum Marburg 

Somatostatin ist ein Hormon, das u. a. im Magen-Darm-Trakt gebildet wird. Somatostatin bindet an die Somatostatin-Rezeptoren auf der Oberfläche hormonproduzierender Zellen. Dadurch wird die Ausschüttung von Hormonen gehemmt. Da neuroendokrine Tumorzellen besonders viele Somatostatin-Rezeptoren auf ihrer Oberfläche haben, wird so vor allem die unerwünschte Hormonausschüttung neuroendokriner Tumoren reduziert. Somatostatin selbst wird im Körper innerhalb weniger Minuten abgebaut und ist deshalb nicht zur Dauerbehandlung geeignet. Aus diesem Grund wurden die Somatostatin-Analoga entwickelt, die ihre Wirkung im Körper lange entfalten können. Für Patient*innen mit funktionell aktiven neuroendokrinen Tumoren, die nicht vollständig entfernt werden können, sind Somatostatin-Analoga die Arzneimittel der ersten Wahl. Somatostatin-Analoga führen in der Regel zu einer ausgeprägten Besserung der Beschwerden.

Zudem wurde in klinischen Studien gezeigt, dass Somatostatin-Analoga das Wachstum von neuroendokrinen Tumoren hemmen können. Zunehmend werden sie daher bei Patient*innen mit neuroendokrinen Tumoren eingesetzt, mit dem Ziel, das Tumorwachstum zu verhindern bzw. zu bremsen.

Früher mussten Somatostatin-Analoga aufgrund einer kürzeren Wirkdauer dreimal täglich verabreicht werden.
Moderne Depotpräparate setzen den Wirkstoff dagegen langsam und gleichmäßig frei. Es genügt daher, Somatostatin-Analoga im Abstand von ca. 4 Wochen zu injizieren.

Interferon-alpha

Interferon-alpha kann ebenfalls die Beschwerden bei funktionell aktiven neuroendokrinen Tumoren vermindern und das Tumorwachstum hemmen. Aber es verursacht im Vergleich zu Somatostatin-Analoga mehr Nebenwirkungen. Sprechen Patient*innen auf Somatostatin-Analoga allein nicht mehr ausreichend an, stellt die zusätzliche Gabe von Interferon-alpha eine Behandlungsmöglichkeit dar.

Molekularbiologische Therapie

Bei der molekularbiologischen Therapie werden Medikamente oder andere Substanzen verabreicht, die das Wachstum, die Entwicklung und die Streuung von Krebszellen blockieren. Das geschieht, indem die Aktivität der Moleküle, die für die Umwandlung von gesunden zu Krebszellen beteiligt sind, sowie die Art des Tumorwachstums und der Aufbau einer eigenen Blutversorgung des Tumors beeinflusst werden.

Die eingesetzten Medikamente zielen auf spezifische biologische Unterschiede zwischen gesunden und Krebszellen ab und wirken zum Teil auf Krebszellen, ohne gesunde Zellen zu schädigen.

Molekularbiologische Therapien sind in Tablettenform verfügbar und können einigen NET-Patient*innen verschrieben werden, die vorher zumeist Somatostatin-Analoga erhalten haben.

Chemotherapie

Als Chemotherapie werden Substanzen bezeichnet, die das Tumorwachstum hemmen oder verlangsamen, indem sie die Tumorzellen schädigen.

Von Dr. med. Lothar Müller, Onkologische Schwerpunktpraxis, Leer 

Als Chemotherapie werden Substanzen bzw. deren Kombinationen bezeichnet, die das Tumorwachstum hemmen oder zumindest verlangsamen, indem sie die Tumorzellen schädigen. Die Ziele der Chemotherapie bestehen in der Rückbildung (Remission) des Tumors (bzw. der Metastasen) und damit der Beschwerden, die durch das Tumorwachstum verursacht werden. Ob eine Chemotherapie bei neuronedokrinen Tumoren wirksam ist, hängt von der Lage des Tumors und vom Differenzierungsgrad, also dem Grad der Bösartigkeit, ab.

Zur Chemotherapie bei neuroendokrinen Tumoren stehen verschiedene Substanzen zur Verfügung, die meist als Kombination eingesetzt werden. Die Chemotherapie wird meistens intravenös verabreicht, z. B. als Infusion in eine Armvene.

Dieser Vorgang kann je nach Substanz mehrere Stunden dauern. Es gibt aber auch Chemotherapien, die schnell (als sog. Bolusinjektion) gegeben oder in Form von Tabletten eingenommen werden. Häufig wird die Chemotherapie ambulant (in einer Klinik-Ambulanz oder in der Praxis eines*einer spezialisierten Ärzt*in) durchgeführt, d. h., der*die Patient*in kann nach der Verabreichung nach Hause gehen. Bei manchen Chemotherapien ist allerdings ein Krankenhausaufenthalt notwendig, beispielsweise weil es sinnvoll ist, während der Infusion bestimmte Organfunktionen zu überwachen. Die Behandlung wird in bestimmten Zeitabständen, oft sind es drei Wochen, mehrfach wiederholt. Ärzt*innen sprechen in diesem Zusammenhang von Zyklen. In der Regel wird man eine Chemotherapie aufgrund der erheblichen Nebenwirkungen bei Ihnen nur dann durchführen, wenn andere Therapiemöglichkeiten nicht zum Ziel geführt haben oder bei schnell voranschreitendem Tumorwachstum. Heute gibt es allerdings schon sehr gute Möglichkeiten, bestimmte Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen durch begleitende Medikamente zu verhindern.

Patientenzitat

„Leider sind auch nach OP und Radionuklidtherapie (PRRT) meine Metastasen in der Leber und den Knochen in letzter Zeit wieder etwas mehr geworden. Daher wurde jetzt eine Chemotherapie begonnen. Der erste Zyklus war gerade vor drei Wochen. So geht es immer Schritt für Schritt weiter und wir hoffen, dass es etwas nützt. Ich versuche, immer positiv zu denken und mich nicht aufzugeben.






Ich habe ja auch Familie, die mich braucht. Während der Chemotherapie habe ich mich nicht richtig wohlgefühlt und hatte kaum Appetit, aber ich habe trotzdem versucht aktiv zu sein und bin morgens mal eine halbe Stunde Fahrrad gefahren. Wenn ich aktiv sein kann, dann mache ich das auch. Bewegung stärkt ja auch das Immunsystem.“
Herr T. H.*, 41 Jahre

Lokale Verfahren zur Behandlung von Lebermetastasen

Die lokalen Verfahren haben das Ziel, die Zellen einer Metastase gezielt zu schädigen und die Metastase dadurch entweder ganz oder teilweise zu beseitigen.

Sollten sich vorhandene Lebermetastasen nicht oder nicht vollständig durch eine Operation entfernen lassen, so hat man auch hier weitere Möglichkeiten der Behandlung. Thermische Verfahren, wie die Kryotherapie oder die Radiofrequenz-Thermoablation (RFTA), zerstören das Gewebe der Metastase durch Kälte oder Wärme. Bei chemischen Verfahren hingegen werden z. B. Ethanol oder Essigsäure direkt in die Metastase gespritzt.

Neuere Methoden sind die sogenannten Embolisationsverfahren, wie die Selektive Interne Radiotherapie (SIRT) oder die Transarterielle Chemoembolisation (TACE). Hier werden kleinste Kügelchen, gekoppelt mit Radioaktivität (SIRT) oder mit Chemotherapeutika (TACE), gezielt über die Leberarterie zu den Metastasen geleitet. Durch anschließende Embolisation (Verstopfung) bestimmter Blutgefäße der Metastasen oder des Tumors bleiben die Kügelchen am gewünschten Wirkort. Dadurch wird die Wirkung zeitlich verstärkt und gesundes Gewebe geschont.

Strahlentherapie

Obwohl die Strahlentherapie bei vielen verschiedenen Krebsarten eingesetzt wird, stellt sie bei NET nur in manchen Fällen eine Option dar. So ist sie zum Beispiel sehr gut zur Linderung von Schmerzen geeignet, die durch Knochenmetastasen verursacht werden. Die Strahlentherapie wird auch als Radiotherapie, Bestrahlung oder Röntgentherapie bezeichnet.

Bei der Strahlentherapie werden Krebszellen durch energiereiche Teilchen oder Strahlen wie Röntgen-, Gamma-, Elektronenstrahlen oder Photonen zerstört oder geschädigt.

Vor dem Beginn der Strahlentherapie erfolgt eine Bildgebung zur Ermittlung der genauen Position der Tumoren.

Ziel der Strahlentherapie ist es, den Tumor möglichst zu verkleinern ohne die gesunden Zellen in der Umgebung in Mitleidenschaft zu ziehen. Die Behandlung durch externe Bestrahlung erfolgt in mehreren kurzen täglichen Behandlungszyklen (oft über mehrere Wochen), wobei die Behandlung von Knochenmetastasen zumeist sehr viel kürzer ausfällt.

Das eingesetzte Gerät ähnelt einem großen Röntgengerät. Die einzelnen kurzen Anwendungen werden Fraktionen genannt. Die Strahlung tritt so nur in kurzen Zeiträumen in den Körper ein und ist so schonender für gesunde Zellen als für Krebszellen.

Peptid-Radiorezeptortherapie (PRRT)

Die Radionuklidtherapie bzw. Peptid-Radiorezeptortherapie (PRRT) ist ein nuklearmedizinisches Verfahren, bei dem eine sehr wirksame interne Bestrahlung der Tumorzelle innerhalb des Körpers erfolgt.

Bei der PRRT nutzt man wieder biologische Eigenschaften der Tumorzelle selbst, in diesem Fall Rezeptoren – also Bindungsstellen – auf der Oberfläche der NET-Zelle. Eine dieser Bindungsstellen ist für Somatostatin vorgesehen. Nun verbindet man Somatostatin-Analoga, die an diese Bindungsstellen anhaften können, mit einer radioaktiven Substanz, einem sogenannten Radionuklid. Injiziert man diese Verbindung in den Blutkreislauf, dann heftet sie sich an die NET-Zelle und so wird diese direkt der Strahlung ausgesetzt.

Die Radionuklide, die man hierfür verwendet, haben eine sehr kurze Strahlungsreichweite; das umliegende gesunde Gewebe wird möglichst wenig geschädigt. Grundsätzlich eignet sich die PRRT zur Behandlung nicht operabler oder metastasierter neuroendokriner Tumoren und wurde hier bereits mit recht gutem Erfolg eingesetzt. Nebenwirkungen sind meist leichter Natur und können in einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion, in Blutbildveränderungen und (bei Lebermetastasen) in Veränderungen der Leberfunktion bestehen.

Behandlungen in der Entwicklung

Aktuell befinden sich weitere Behandlungsmöglichkeiten in der klinischen Entwicklung und sind möglicherweise bald einsatzbereit. Bitte beachten Sie, dass diese Therapien eventuell noch nicht zugelassen sind oder in Ihrem Land nicht zugelassen werden.

Neben Interferon gibt es noch andere Medikamente und Therapien, die dafür entwickelt werden, um Krebszellen mithilfe des Immunsystems anzugreifen:

  • Ein Ansatz nutzt Antikörper, die im Labor hergestellt werden. Sie erkennen Krebszellen und zerstören sie, ohne dabei gesunde Zellen anzugreifen.
  • Bei einem weiteren Ansatz wird dem*der Patient*in Blut abgenommen, spezielle weiße Blutkörperchen (sog. T-Zellen) herausgefiltert und im Labor verändert. Danach werden Sie dem*der Patient*in wieder eingesetzt und greifen nur spezielle Krebszellen an.

*Name ist der Redaktion bekannt

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